Welt im Wandel auch bei Rohöl: Von WTI über Brent nach Asien
Über Jahre hinweg galt die Rohölsorte WTI (West Texas Intermediate) als führend im weltweiten Handel. Insbesondere die hohe Liquidität am Terminmarkt machte die Sorte für Händler attraktiv. WTI wurde zum Maß der Dinge für alle, die im Geschäft des Ölhandels aktiv waren.
Seit rund zwei Jahren zeigt sich jedoch eine sinkende Bedeutung der Ölsorte WTI. Deutlich wird dies auch am Preis, vor allem im Vergleich zur zweiten bedeutenden Ölsorte Brent. Lange notierte der Kurs für WTI regelmäßig oberhalb des Kurses von Brent. Doch dieses Verhältnis hat sich gedreht. Brent wird inzwischen höher gehandelt als WTI und der Spread zwischen beiden Sorten wächst.
WTI verliert globale Bedeutung
Grund für diese Entwicklung ist die steigende Bedeutung der Ölnachfrage in Regionen außerhalb der USA. WTI bezieht sich auf den Lagerort Cushing im Bundesstaat Oklahoma. Auch wenn es nur bei einem geringen Teil der am Terminmarkt gehandelten Ölkontrakte zu einer tatsächlichen Lieferung kommt, ist der Standort zu berücksichtigen. Aus diesem Grund spielen für die Preisbildung eben auch Einflussfaktoren der regionalen Nachfrage sowie Determinanten des physischen Geschäfts wie Lagerung und Transport eine Rolle.
Außerdem ist natürlich auch die Qualität der Ölsorte wichtig. Es gibt weltweit hunderte von Rohölsorten mit unterschiedlichen Qualitätsmerkmalen. Von besonderer Bedeutung sind Dichte und Schwefelgehalt. WTI besitzt eine geringe Dichte und einen niedrigen Schwefelgehalt. Es wird daher als „leicht und süß“ bezeichnet, ist also ein Rohöl von hoher Qualität, da es leicht und effizient verarbeitet werden kann. Wichtige Raffinationsprodukte sind Benzin, Kerosin und Heizöl, aber auch Chemikalien.
Steigender Rohölbedarf aus Asien
Da jedoch gerade aus dem asiatischen und arabischen Raum die Ölnachfrage ansteigt, und die dortigen Rohölsorten von geringerer Qualität sind, suchen die Marktteilnehmer nach Handelsmöglichkeiten, welche der eigenen Sorte mehr entsprechen. Hier ist die regionale Nähe von Brent zur Region mit der starken Nachfrage sicherlich mit ein Grund, warum in einem ersten Schritt die Bedeutung der Nordseesorte angewachsen ist.
Dennoch sind die Entwicklungen hier sicherlich noch nicht abgeschlossen. Die OPEC berechnet inzwischen einen Ölpreis, welcher sich aus einem Korb zwölf wichtiger Rohöle zusammensetzt und auch China versucht eigene Terminkontrakte zu etablieren. In Zukunft ist zu erwarten, dass neben der regionalen Verlagerung auch immer mehr die qualitative Ähnlichkeit der gefragten Terminkontrakte zur tatsächlichen realwirtschaftlichen Nachfrage eine Rolle spielen wird. Je ähnlicher sich die Spezifikationen von Terminkontrakt und physischem Öl sind, desto besser können realwirtschaftliche Risiken kostengünstig über den Terminhandel abgewickelt werden. Die Warenterminmärkte werden daher der Realwirtschaft in Richtung Asien folgen und auch Brent dürfte daher nur eine Übergangslösung sein.